Haushaltsrede 2009 2. März 200912. August 2014 Die positive Bilanz dieses Haushaltsjahres: Eppelheim kann ein gutes Plus aufweisen. Die guten Zahlen dürfen jedoch nicht zu einer trügerischen Hoffnung werden. Denn auch der Kämmerer schreibt pflichtgemäß: „Die in der Finanzplanung dargestellte Ertragskraft des Verwaltungshaushalts steht auf wackeligen Beinen“. Denn das dicke Plus ist weniger einer soliden Haushaltsführung geschuldet, als vielmehr der guten gesamtwirtschaftlichen Ertragslage von 2008 und der Realisierung einer Forderung, von der wir mit aller Wahrscheinlichkeit auch in den nächsten Jahren noch profitieren können. Wie solide eine Haushaltsführung ist, zeigt sich aber nicht in guten, sondern in schlechten Zeiten. Die Wirtschafts- und Finanzkrise wird auch an Eppelheim nicht spurlos vorbeiziehen. In jedem Fall ist in den nächsten Jahren mit größeren Einbrüchen zu rechnen. Dann erst wird sich zeigen, wie nachhaltig und klug wir gewirtschaftet haben. Was bedeutet das für uns? Bei allen anstehenden Investitionen muss die oberste Maxime heißen: Fundierte Zahlen müssen auf den Tisch, sowohl was die Kosten der Baumaßnahmen anbelangt, deren Finanzierung und auch deren Folgekosten. Auch wenn wir in diesem Jahr eine Zuführungsrate in Höhe von 1,2 Mio. € im Verwaltungshaushalt ausweisen können – dies basiert nicht auf Einnahmen, mit denen wir kontinuierlich rechnen können. Dass die große Koalition mit dem Konjunkturpaket II Investitionshilfen für Städte und Gemeinden auflegt, ist eine gute Sache und angesichts des Investitionsstaus auch in Eppelheim notwendig. Diese Investitionen schaffen und sichern Arbeitsplätze vor Ort – erwähnt seien hier nur die drei dringendsten Neubaumaßnahmen in Eppelheim: Kindergrippe, Sozialwohnungen und Räume für den Ganztagsschulbetrieb. Seit Jahren in der Planung, aber immer wieder verschoben, umgeplant, neuer Investoren wurden an Land gezogen, etc. Es muss nun endlich mit dem Bau des Kinderhauses begonnen werden. Für 2010 sind hierfür lediglich 1 Mio. € eingestellt – das ist definitiv zu wenig. Der Bau von zusätzlichen Ganztagsräumen für die Schulen steht ebenfalls schon lange auf der Agenda, wurde aber immer wieder verschoben und muss nun endlich umgesetzt werden. Ob sich gleich ein Multifunktionsgebäude finanzieren lässt, bedarf einer gesicherten Grundlage, das heißt: „konkreter belastbarer Zahlen“, wie es der Kämmerer ausdrückt. Zu unserem Schuldenstand: Im Wasserwerk werden wir ein Darlehen in Höhe von 1,25 Mio. € für notwendige Investitionen in Rohrleitungen sowie neue Schalt- und Messeinrichtungen neu aufnehmen. Der Gesamtschuldenstand des Wasserwerks wird sich somit bis Ende 2009 auf ca. 5,4 Mio. € summieren. Auch hier sind Lösungen gefragt, wie der Schuldenstand reduziert werden kann. Denn die Schulden immer in die Zukunft zu verschieben und anwachsen zu lassen, ist langfristig die teuerste Lösung. Der Kernhaushalt ist nur scheinbar schuldenfrei. Denn ÖPP ist nichts anderes eine verschleierte Verschuldung. Die 2008 beschlossenen 2,4 Mio. € jährlich sind im Haushalt 2009 bereits mit 2,558 Mio. € ausgewiesen. Dieser Betrag ist nichts anderes als eine Kreditrate für einen auf 25 Jahre laufenden Kredit mit einem Kreditvolumen von 60 Mio. € und einem Zinssatz von ca. 4,1 %. So gesehen haben wir de facto eine Pro-Kopf-Verschuldung von über 4.000 €. Hinzu kommen jährliche Steigerungen bei ÖPP durch den Anstieg der Energiekosten und Löhne, die die Gemeinde alleine trägt. Ebenso müssten die Kosten für den Controller in Höhe von 73.000 € getragen werden. Dann sind wir schon bei 2,63 Mio. € allein 2009. Zitat Kämmerer: Die ÖPP-Kosten „haben jetzt schon einen Umfang erreicht, der sich nur durch überdurchschnittliche Einnahmen erreichen lässt“. Angesichts der Bedeutung und der langfristigen Wirkung des ÖPP-Projekts beantragte unsere Fraktion zum wiederholten Mal auch schriftlich (zuletzt am 9.12.2008) – leider bislang ohne Erfolg -, die Kosten transparent zu machen und jedes Jahr oder bei Änderungen mit finanzieller Auswirkung dem Gemeinderat eine dezidierte Aufstellung vorzulegen. Zu dieser Aufstellung ist die Verwaltung verpflichtet. Es sind öffentliche Gelder um die es hier geht, und der Gemeinderat ist verpflichtet darüber eine Kontrolle auszuüben. Liebe Verfechter von ÖPP, wann läuten bei Ihnen die Alarmglocken? Wann gestehen Sie sich ein, dass ÖPP ein offener Scheck nach oben ist, auf dessen Steigerungsraten wir keinen Einfluss mehr haben. Jedes neue Projekt, das dazukäme, würde die Schuldenfalle vergrößern! Leimen hat seine Lektion gelernt, dort steht die ÖPP-Ampel schon auf Rot! Zu den kostenrechnenden Einrichtungen: Es ist richtig und gut, dass in der Rudolf-Wild-Halle kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Aber: die Defizitabdeckung durch öffentliche Gelder sollte die 40% Marge wie 2007 nicht überschreiten. 2009 weißt sie ein Defizit von voraussichtlich 60 % auf oder in Zahlen einen Zuschussbedarf von 354 440 €. Ebenso muss ein Bewirtschaftungskonzept für die Rudolf-Wild-Tiefgarage erstellt werden. Ein Kostendeckungsgrad von gerade mal 28 % ist nicht hinnehmbar. Hier sind die Verfechter von noch mehr Tiefgaragen gefordert, ein wirtschaftliches Konzept vorzulegen. Eine weitere Einrichtung, die inzwischen alle Kosten der öffentlichen Hand aufbürdet ist das Kegelstadion, das im Haushalt noch mit einem Zuschussbedarf von 169 870 € aufgeführt wird. Nach dem Beschluss der letzten Gemeinderatssitzung aber ist dieser Zuschuss bei 100 % angelangt ist, d.h. die 194.100 € Ausgaben müssen in diesem Jahr allein die Steuerzahler tragen. Ein weiteres Fass ohne Boden ist das „Hau-Ruck-Hallenbad“. Auch wenn es manchen hier nervt, an seine Sünden der Vergangenheit erinnert zu werden. Sie wirken leider fort. Eine Absolution ist noch nicht möglich. 2008 waren es noch 560 540 € Zuschussbedarf, 2009 sind es 607 000 €. Tendenz steigend Zu den Freiwilligkeitsleistungen: Bei den vielen Freiwilligkeitleistungen, die der Gemeindehaushalt schultert, muss wahrscheinlich in nächster Zeit überlegt werden, was eine notwendige nachhaltige und zukunftsfähige Unterstützung ist und wo mehr bürgerschaftliches Engagement gefordert ist. Für völlig überzogen halten wir hierbei den Etat des Bürgermeisters in drei Positionen mit ständig steigender Tendenz: 45 000 € für Partnerschaften (90% Steigerung gegenüber dem Rechnungsergebnis für 2007), 17 000 € für Repräsentationen (100 % Steigerung gegenüber 2007), 25 000 € für Ehrungen und Jubiläen. Das macht Summa summarum 87 000 € für die Außenwirkung des Bürgermeisters. Wird hier mit Steuergeldern der Wahlkampf 2010 des Bürgermeisters vorbereitet? Es gibt wohl keine Gemeinde mit vergleichbarer Größe, die diesbezüglich einen ähnlich großen Verfügungsetat ausweist. Nur zum Vergleich: Der Gesamtetat für das Jugendhaus beträgt gerade mal 64.550 €. Wie viel wert ist uns unsere Jugend? Welche wichtigen Zielvorgaben vermissen wir für ein zukunftsfähiges Eppelheim? Ein nachhaltiges Flächenmanagement mit innerörtlicher Erschließung. Die städtische Siedlungspolitik ist bislang auf Wachstum um jeden Preis ausgerichtet. Weniger Flächenverbrauch bedeutet aber ein Mehr an Lebensqualität und Wohnattraktivität für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Die Ausweisung eines Sanierungsgebiets ist hier ein richtiger Schritt. Damit wird Grundstücksbesitzern die Möglichkeit gegeben, Innenflächen zu erschließen und Altbauten auch energetisch zu verbessern. Ein Flächenmanagementkonzept muss auch für Gewerbeflächen erstellt werden. Ein schlüssiges Konzept für den Erhalt und den Ausbau des Naherholungsgebiets im Süden. Im Moment sieht es eher so aus, dass für den motorisierten Individualverkehr die Zufahrt zu den Aussiedlerhöfen und zum Eppelheimer Wald verbreitert und geteert werden soll – damit dort noch mehr Autos noch schneller fahren können. Die Ausweisung des Gewerbegebiets Süd war zu diesem Zeitpunkt ein Fehler. Das Gelände sollte behutsam und nach Bedarf durch die Fa. Wild erschlossen werden. Der alte Bahndamm sollte als Biotop für die Naherholung und als Puffer für die Anwohner erhalten bleiben. Hier brüten seltene Vögel, wie Nachtigall oder Goldammer. Im Bereich erneuerbarer Energie hat die Stadt zwar spät, aber endlich im Bereich Solarenergie 245 700 € investiert, und diese Investition weißt auch deutlich sichtbare Einkünfte in Höhe von 58 000€ auf, und wir leisten einen Beitrag zu CO² Reduzierung. Bei allen Neubauten sind wir verpflichtet mindestens 20% der benötigten Energie für Warmwasser und Wärme über erneuerbare Energie bereitzustellen, wie es das Erneuerbare Energiegesetz bereits vorschreibt. Wir sollten ein höheres Ziel anstreben, denn bereits für 2010 werden wieder erhebliche Preissteigerungen bei Öl und Gas prognostiziert. Nach wie vor gibt es in Eppelheim kein sicheres und vernetztes Radwegenetz. Alle sprechen von der Reduzierung von CO2, Verkehrslärm und Feinstäuben, viele Gemeinden tun etwas für die Förderung der CO2-freien Mobilität. Nur in Eppelheim gehen die Uhren noch nach. Tun wir endlich etwas dafür innerhalb unserer Gemarkung und in Kooperation mit den Nachbargemeinden. Ebenso muss die Anbindung zum Wieblinger S-Bahnhof über den ÖPNV verbessert werden. Prüfen sollte man auch die Möglichkeit mit einem Ruftaxi / Ruftaxikleinbus. Das Stadtentwicklungskonzept, in das viel Geld und Zeit investiert wurde, schlummert in der Schublade vor sich hin. Gerade im Hinblick auf die vielen Neubaugebiete mit einem Umfang von fast 20 Hektar und dem Sanierungsgebiet muss eine fundierte Stadtentwicklung erfolgen. Wir erinnern nochmals an unseren Antrag vom letzten Jahr zur Umsetzung des Erneuerbaren Wärmegesetzes und die Zusagen, die Sie Herr Bürgermeister gemacht haben. Uns fehlt auch in diesem Haushalt ein Konzept und eine stringente Linie in Richtung Nachhaltigkeit, die Eppelheim auf solide Füße stellt, sowohl was Ökologie, Finanzen, Stadtentwicklung und ein umweltfreundliches Verkehrskonzept betrifft. Um dem Ausdruck zu geben, werden wir dem vorliegenden Haushalt nicht zustimmen Wir bedanken uns beim Kämmereiamt und allen, die an der Aufstellung des Haushaltsplans mitgewirkt haben.