Stellungnahme der Grünen Fraktion zur ÖPP-Vertragsgenehmigung 25. Februar 200812. August 2014 Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Bürgermeister, unsere Fraktion kann den Unmut der Bürgerinnen und Bürger zum Abriss der Rhein-Neckar-Halle verstehen und nachvollziehen. Dass so viele Menschen sich heute hier versammelt haben, um ihrem Anliegen Gehör zu verschaffen, verwundert allerdings nicht. Die Reaktion der Bürgerinnen und Bürger ist symptomatisch für den gesamten Ablauf des ÖPP-Projekts, bei dem es von Anfang an an Transparenz und nachvollziehbarer Informationspolitik gemangelt hat. Nicht, dass es nicht genügend mahnende Stimmen in den Reihen dieses Gremiums geben hätte – auch ins Sachen Rhein-Neckar-Halle. Die gab es zur Genüge. Aber gegenüber Sachargumenten und einer kritischen Betrachtungsweise war die Mehr-heit ja nicht aufgeschlossen. Es musste um jeden Preis ÖPP sein, und das am besten mit Abriss und kleinerer Halle. Nun zur heutige Entscheidung: Die Position der Grünen Fraktion war immer klar: Sanierung ja und zwar zwingend, aber nicht über ÖPP. Unsere Fraktion hat sich gegen eine Sanierung über ÖPP und damit auch gegen einen Abriss der Rhein-Neckar-Halle ausgesprochen, weil ÖPP mit zu vielen Unwägbarkeiten behaftet ist und die Schulen ein elementarer Bereich der Daseinsfürsorge sind, der einem ständi-gen Wandel unterworfen ist. Trotz unserer ablehnenden Haltung haben wir uns nicht gesperrt und bei den Beratungen zum Vertragsentwurf konstruktiv mitgearbeitet. Wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber der Gemeinde bewusst, und so galt es genau hinzuschauen und möglichen Schaden abzuwenden. Grundsätzlich richtig war es – und hier ein Lob an die Verwaltung –, den Termin für die Vertragsgenehmigung um einen Monat zu verschieben und dem Gesamt-gemeinderat Gelegenheit zu geben, über den Vertrag detailliert zu beraten, nachdem schon der Lenkungsausschuss eine lange Nacht darüber gesessen hatte. So kann keiner später sagen, er oder sie wüsste nicht, was da drin steht. Nichtsdestotrotz werden wir heute gegen den Vertrag stimmen. Das hat nichts mit Blockade oder ideologischer Verbohrtheit zu tun. Da wir gerade für die Schulen das Optimale und eine zu jeder Zeit flexible Anpassung an die Veränderungen der Schullandschaft wünschen, kön-nen wir nicht für ÖPP sein. Wir stellen der Projektgesellschaft nicht in Abrede, dass sie die Schulen und Hallen innerhalb des Zeitplans sanieren kann. Dennoch sind wir weiterhin der Auffassung, dass das Projekt für Eppelheim langfristig nicht gut enden wird. Hier nur ein paar wichtige Gründe: Die vorgelegten Zahlen zur Ermittlung des Wirtschaftlichkeitsnachweises sind auch heute für uns nicht nachvollziehbar und daher nicht nachprüfbar. Die Rhein-Neckar-Halle soll abgerissen werden, weil ein Neubau angeblich kosten-günstiger ist. Angeblich sparen wir bei der neuen Halle 900.000 Euro gegenüber einer Sanierung der alten, größeren Halle. Aber ist das gut gespartes Geld? Abgesehen davon, dass wir auch die Kosten für Sanierung und Neubau nicht nachvollziehen können (da uns keine detaillierten Zahlen vorliegen), werden hier Äpfel mit Birnen verglichen. Die neue Halle, die uns bislang auch nur als Planskizze vorliegt, ist in bezug auf Größe und Funktion mit der heutigen Rhein-Neckar-Halle nicht vergleichbar. Es wurde offensichtlich am Bedarf vorbei geplant. Eine Hinzuziehung der Betroffenen, sprich der Vereine, die die Halle nutzen und auf die sie angewiesen sind, hat es im Vorfeld nicht gegeben. Dass man die Vereine erst jetzt kurz vor Vertragsunterzeichnung informiert, ist sehr bedenklich. Wird die neue Halle nicht gebaut, sieht der Vertrag eine Strafzahlung in sechsstelliger Höhe vor. Damit sind wir praktisch geknebelt. Zwar wird die Strafzahlung mit einer möglicherweise dann neu zu verhandelnden Sanierung der Rhein-Neckar-Halle verrechnet. Die Kosten für Planung und Vorfälligkeit bleiben uns aber erhalten. Nun zum Vertrag: Die Risiken wurden verstärkt zugunsten des Auftragnehmers gegenüber dem ursprünglichen Mustervertrag geändert. Der Bereich der Risikoabwägung ist besonders intransparent und bedürfte einer noch genaueren Durchleuchtung. Insgesamt halten wir die Risikoverteilung für nicht ausgewogen. Die Paragrafen, die auf eine Optimierung des Betriebes über den gesamten Zeitraum setzen, wurden gestrichen. Eine Umsetzung von Optimierungskonzepten, z.B. im Bereich des Energiemanagements oder das Erreichens des Optimierungsziels „Reduzierung der Betriebskosten sowie sonstiger Einsparungen“ wird somit nicht ho-noriert. Damit setzt man auf billigen Service, statt auf langfristig hohe Qualität. Zu den Risiken der Bedarfsänderung: D.h. was passiert, wenn wir umbauen, erweitern oder reduzieren müssen? Diese Risiken gehen natürlich zu Lasten der Stadt. Da aber gerade die Schulen einem ständigen Wandel unterworfen sind (wollte der baden-württembergische Kultusminister nicht erst kürzlich die Haupt- und Realschulen zusammenlegen?), droht uns mit jedem Umbau, mit jeder Erweiterung oder Umnut-zung zusätzliche Kosten – zusätzlich zu den jetzt schon hohen jährlichen Belastungen von 2,4 Mio. Euro. Mit dem Wegfall der heutigen Rhein-Neckar-Halle stellt sich die Frage nach einer Mensa, mit der Einführung des Musikzugs im Gymnasium nach einer Aufstockung des Gebäudes, mit der Einrichtung einer Hochbegabtenschule nach einem Neubau, mit der Einführung der Ganztagesschule in der Friedrich-Ebert-Grundschule – wie es in einer der nächsten Vorlagen angedacht wird – nach einem neuen Anbau, und so weiter und so fort. – Fakt ist: Das große Geschäft beginnt für den Auftragnehmer erst nach der Sanierung, wenn die Änderungen kommen. Und die werden unweigerlich kommen. Als weitere Belastungen kommen noch die Kosten für Bau-, Vertrags- und Betreibercontrolling hinzu. Erst auf Nachfrage wurden uns diesen Kosten von den Beratern mit 325.000 Euro beziffert. Ein Vorgutachter hat demgegenüber die Kosten dezidiert aufgeführt und kam auf 5 Mio. Euro bei einer Laufzeit von 27 Jahren. Zur Finanzierung: Noch völlig unklar ist, wie wir die nun auf jährlich 2,4 Mio. Euro angewachsene ÖPP-Rate über einen Zeitraum von 25 Jahre gegenfinanziert wollen. Fehlte schon für die ursprüngliche Deckelung auf 2 Mio. ein schlüssiges Einsparkonzept zur Beschaffung der dann anfallenden Mehrausgaben von damals 500.000 Euro, hat sich diese Finanzlücke nun fast verdoppelt auf 900.000 Euro. Und 2,4 Mio. Euro sind nicht die endgültige Marge. Damit wird unser Verwaltungshaushalt über 25 Jahre geknebelt. Die Argumentation der ÖPP-Befürworter war immer: Wir können es nicht aus dem Verwaltungshaushalt bezahlen. Was ist stattdessen passiert? In den letzten Jahren wurden immer wieder vorhandene Überschusse und auch im Haushalt für die Sanie-rung eingestellte Gelder von der Verwaltung nicht verwendet und dadurch erst der Sanierungsstau verursacht. Was wir aber jetzt machen, ist nur eine andere Form der Finanzierung, bei der aber die Probleme und Risiken um so größer sind, da sie nicht mehr von uns steuerbar sind. In einer „Gemeinsamen Position“ vom Mai 2006 haben die Rechnungshöfe aus Bund und Ländern zu dieser Problematik deutlich Stellung bezogen. Darin heißt es: „PPP-Projekte, die sich die öffentliche Hand konventionell finanziert nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert leisten. … PPP ist lediglich eine wertneutrale Alternative zu anderen Finanzierungsformen. Insbesondere darf PPP nicht als Ausweg für Finanzierungsengpässe angesehen werden, um auf diese Weise nicht finanzierbare Investitionen realisieren zu können.“ Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit